Dienstag, 6. November 2012

Was spinnt er denn jetzt?

Berechtigte Frage - Guten Morgen zusammen!

Worum geht es in diesem Blog?

Ich möchte in den erlesenen Kreis der polyphasischen Schläfer eintreten. Für die, die zu faul sind auf den Link zu klicken, hier die Kurzfassung:
Bei polyphasischem Schlaf geht's darum, aus dem konventionellen Schlafmuster auszubrechen, und stattdessen durch gezielt gesetzte Schlafeinheiten den Gesamtbedarf an Schlaf drastisch zu reduzieren, ohne die Nachteile zu erleben, die sonst bei Schlafmangel entstehen würden.
Ganz neu ist das Konzept nicht - wenn man sich beispielsweise die Siesta in spanisch-sprachigen Ländern anschaut.
Da ich zwar noch Student bin, aber in naher Zeit doch vorhabe, mit dem Arbeiten anzufangen könnte es bei meinem zukünftigen Arbeitgeber eventuell einen leicht schlechten Eindruck erwecken, wenn ich jeden Nachmittag mein Kissen auf den Schreibtisch lege und mitten im Büro einfach mal 2 Stunden weg knacke. Spätestens in Meetings könnte ich mir vorstellen, dass das ein wenig doof rüberkommt ;)
Da mein Schlafrhythmus eh komplett zerschossen ist habe ich mich dazu entschlossen, den Everyman auszuprobieren. Der Everyman sieht - je nach Variante - nachts eine Kern-Schlafphase von ca. 3 Stunden und Tagsüber zwei bis vier Nickerchen à 20 Minuten (Powernäpping für die Neusprechler) vor. Die Schlafmangel-Erscheinungen sollen verhindert werden, indem man im richtigen Moment ein Nickerchen einlegt, und der Körper so eine REM-Phase spendiert bekommt.







Bilder von http://de.wikipedia.org/wiki/Polyphasischer_Schlaf

Zwar sehen die Dymaxion- und Uberman-Modelle auch sehr interessant aus, und wenn ich tatsächlich mit 2 Stunden Schlaf pro Tag auskommen würde, ohne an körperlicher und geistiger Leistungsfähigkeit einzubüßen... meine Fresse, was man da alles anstellen könnte... Wahrscheinlich wäre es sinnvoll, sich mehrere Persönlichkeiten zuzulegen, auf dass andere einen nicht für verrückt erklären (der dauert ein wenig).

Was mich aber letztendlich davon abhält auf diese radikale Schiene aufzuspringen ist die Tatsache, dass sich 4 beziehungsweise 6 Nickerchen - zumindest tagsüber - schlecht in einen konventionellen Tagesablauf einbauen lassen. Wie blöd würden eure Kollegen / Kommilitonen schauen, wenn ihr alle paar Stunden sägend auf dem Schreibtisch liegen würdet? Gerade im Arbeitsalltag ist die Störanfälligkeit viel zu hoch: während Raucherpausen geduldet werden wird's vom Chef für mehr als ein Power-Nap pro Arbeitstag wahrscheinlich keinen Beifall geben. Wie gut, dass ich nebenher noch rauche ;)


Warum tue ich mir das an?

Naja... so dramatisch ist das für mich nicht. Ich kann mich in den letzten Jahren nur an wenige Nächte erinnern, in denen ich sowohl mehr als 6 Stunden durchgeschlafen UND auch noch halbwegs fit am Morgen danach war. Ich bin grundsätzlich eher spät- / nachtaktiv, und wer mich vor 9 Uhr und/oder meiner ersten Tasse Kaffee anspricht hat im Endeffekt auch schon verloren.
In der Regel wache ich, wenn ich vor 0:00 Uhr ins Bett gehe, gegen 1:30 Uhr auf und bin geistig hellwach. Körperlich bin ich komplett ausgelaugt. Weil die Birne aber wach ist und direkt auf Hochtouren läuft (so viel Mist, wie in diesen paar Stunden geht mir sonst in einer Woche nicht durch den Kopf) ist das latent nervig: eigentlich möchte ich mich nur umdrehen und weiterschlafen, aber meine hyperaktive Murmel macht das ganze unmöglich.
Gegen 0600 döse ich dann doch wieder weg, nur um den Wecker komplett zu ignorieren und bis Mittag durch zu schlafen, oder, wenn ich den Wecker ausnahmsweise mal hören sollte, mich aus dem Bett quäle und mich fühle, als hätte mich ein Truck geküsst.
Falls Leute dann versuchen, mich aufzuwecken (entweder persönlich oder per Telefon) habe ich schon vor einigen Jahren das zweifelhafte Talent entwickelt, komplette und stimmige Unterhaltungen im Schlaf führen zu können - das Problem: ich kann mich absolut nicht daran erinnern, und ich versuche einfach nur, den Störer möglichst schnell los zu werden. Man könnte mir in dieser Zeit ohne Probleme drei Waschmaschinen und farblich passend dazu einen Jahresvorrat Autowachs andrehen. Gab deswegen auch schön des öfteren große Verwirrung.
Da ich mich mit diesen Problemen schon seit Jahren herum plage, medizinische Gründe scheinbar auch weg fallen (ich habe 3 Jahre lang regelmäßig Blut gespendet, und war auch speziell wegen dieser Schlafstörungen des öfteren bei verschiedenen Ärzten), und es auch nicht an mangelnder Auslastung liegt (exzessiver Ausdauersport hat die Sache eher noch verschlimmert) gehe ich davon aus, dass ich einfach nicht mehr als 3 - 4 Stunden Schlaf pro Tag brauche.
Gerade zu Schulzeiten konnte ich am Wochenende problemlos Kellnern, danach mit Kollegen / Freunden noch Feiern gehen, bis es in der Stadt irgendwo Frühstück gab, ein paar Stunden schlafen und wieder von vorne anfangen. Das ist mittlerweile leider schon über 6 Jahre her, und die Erholungsphasen nach langem Arbeiten, einer Klausur-Nachtschicht oder exzessiven Feiern belaufen sich momentan auf circa einen bis zwei Tage, die im Endeffekt nur aus Schlafen bestehen.
Mit diesem verkorksten Schlafrhythmus liege ich die meiste Zeit im Zombie-Modus im Bett oder auf der Couch und grase das Internet nach mehr oder weniger unterhaltsamem Mist ab - und das (die Liegerei!) schlägt mir mittlerweile ordentlich auf den Rücken.
Da ich kein Pillenfresser bin und keine Zeit / Nerven habe für irgendwelche homöopathischen Mittelchen von irgendwelchen Kräuterhexen, die das Gras wachsen hören, versuche ich mit dem zu arbeiten, was da ist: mein Schweinehund, meine Müdigkeit und meine Neugier.


So, jetzt aber genug der Jammerei! Wie wirds gemacht?

Wie es in Zeiten von Wikipedia und YouTube eben so ist habe ich die letzten Stunden damit verbracht, mir Blogs, Vlogs und Infoseiten zu diesem Thema reinzuziehen und kann stolz behaupten: ich bin nach Internet-Standards ein Experte! Zwar gibt es ein paar Bücher zum Thema, richtig wissenschaftlich erforscht ist das Ganze aber noch nicht.
Da Schlaf an sich keine exakte Wissenschaft ist, und es eher darum geht, den Körper in die richtige Richtung zu tricksen, um diese Schlafzyklen zu erreichen, denke ich, dass es viel von der betreffenden Person abhängt. Man muss einfach den Körper an ein paar Dinge gewöhnen:

  • Schneller Abstieg in die REM-Phase: ich habe diese Power-Napping Nummer zwar nur einmal ausprobiert (ich erinnere mich noch schemenhaft an den inneren Dialog: "der Schlüsselbund ist dir aus der Hand gefallen, wir sollten aufwachen!" - "Klappe zu und weiter sägen!"), kann aber generell nicht "auf Kommando" einschlafen. Der Schlafmangel in der Umstellungsphase wird hier hoffentlich unterstützend wirken.
  • Richtiges Aufwachen: Snooze-Buttons waren schon immer brandgefährlich für mich - bisher habe ich noch jeden Wecker kleingekriegt. Ich muss noch einen Trick finden, der mich davon abhält, nach dem Wecker-Killen wieder einzuschlafen.
  • Ein (halbwegs) fester Schlaf- / Wach-Rhythmus: so etwas hatte ich gefühlte 15 Jahre nicht mehr. 

Ich nutze also mein Schlaf-Fenster von ca. 3h, dass ich ohnehin jede Nacht habe, versuche es aber so zu legen, dass ich gegen 7:30 aufwache. In den letzten Tagen hatte ich am frühen Nachmittag immer ein leichtes Tief, daher werde ich gegen 14:00 für 20 Minuten Kissenhorchdienst einlegen.
Das nächste Nickerchen fällt dann auf ca. 21:00, bevor es gegen 04:00 dann wieder für 3h in die Koje geht.

Angelehnt an die anderen Blogs möchte ich hier keine exakte Anleitung zum Selberbasteln geben, vielmehr meinen Weg zum Everyman-Schlafrhythmus beschreiben und die Schwierigkeiten, die mir dabei in die Quere gekommen sind. Und es soll eine Beschäftigungstherapie für die nächtlichen Stunden sein, in denen keiner meiner Freunde mehr wach ist und die Teleshopping-Sender ihre volle Wirkung entfalten (wer sich an Michael Mittermeier erinnert: "Hey, geiler Wischmop!").

Was mir besonders wichtig ist, ist dass es meinen Tagesablauf nicht stört sondern verbessert. Wenn ich rein rechnerisch nur noch mit der Hälfte an Schlaf auskomme, und so pro Woche einen guten Tag extra bekomme, den ich dann tatsächlich auch produktiv nutzen kann (daran ist es bisher immer gescheitert) - das wäre doch perfekt!

Wenn ihr Fragen habt, oder mich auf meinem Weg zum Everyman unterstützen wollt, so könnt ihr natürlich gerne Kommentare auf der Seite lassen!